Swimming Cities

Eine Gruppe amerikanischer Künstler hat das Unmögliche möglich gemacht: Auf drei aus Müll und Schrott gebauten Flößen traten sie die Reise von Slowenien nach Venedig an. Sie durchquerten die Adria, um an ihrem Zielort die Biennale zu erobern.

Die Swimming Cities of Serenissima

Die Eingebung zu ihrem Projekt „Swimming Cities of Serenissima“ hatte Caledonia Dance Curry, auch bekannt unter ihrem Künstlernamen Swoon, bei ihrem ersten Besuch in Venedig. Die italienische Stadt, deren Beiname Serenissima lautet und die aus dem Meer zu entspringen scheint, hat die Künstlerin nicht nur zum Titel ihres Projektes, sondern auch zu der Route ihres wohl ambitioniertesten Floßprojektes inspiriert.

Doch bevor es mit der 30-köpfigen Crew von Slowenien nach Venedig gehen sollte, gab es mehrere Testläufe in Form von anderen Floßprojekten in Amerika. Zu Beginn von Swoons Floßserie stand die „Miss Rockaway Armada“ 2006. Auch hier bestanden die Flöße vorrangig aus gesammeltem Müll, der zu funktionalen Kunstwerken umgestaltet wurde. Dahinter steht der Gedanke der Wiederaufbereitung von vermeintlich unbrauchbar gewordenen Materialien. So sind denn auch fast alle Künstler Teil der „Dumpster-Diving-Bewegung“, d. h. sie durchsuchen Müllcontainer nach brauchbaren Lebensmitteln. In beiden Fällen geht es darum, den Spielraum zwischen verschwenderischem Konsum und grundlegender Versorgung auszuloten. Insofern handelt es sich bei dem Kunstprojekt auch um eine politisch ambitionierte Bewegung, die überdies die kreativen und produktiven Fähigkeiten eines jeden Einzelnen in alternativer Form ausschöpft. Daher bringen alle Crew-Mitglieder sowohl handwerkliche, wie künstlerische Fertigkeiten mit.

Nach mehreren Floß-Projekt-Generationen rief Swoon mit den „Swimming Cities of Serenissima“ 2009 das wohl aufwendigste der Projekte ins Leben: Mit mehreren Containern wurden Teile der schon bestehenden Flöße und weiterer verwertbarer Müll von New York nach Europa verschifft. Nachdem Mitglieder der Crew viele Monate für die Vorbereitung aufgewandt hatten, folgte nun ein mehrwöchiger Prozess der Konstruktion an der Slowenischen Küste. Selbst die Motoren der Flöße wurden aus gesammelten Autoteilen per Handarbeit zusammengebastelt. Das Ergebnis sind eher schöne als praktische, aber dennoch funktionstüchtige Konstrukte: Obwohl es eine Küchenecke gibt, sind Schlafplätze eher Mangelware. Die Crew-Mitglieder schlafen vor allem dort, wo Platz ist – auf dem Dach, dem Boden, im Rettungsboot oder im Hafen.

Nachdem nun die Genehmigung der Slowenischen Küstenwache eingeholt wurde, machte sich die Truppe auf ihre dreiwöchige Reise nach Venedig. Zwar hatte Swoon keine Einladung zur Biennale, doch das Floßprojekt und die beteiligten Künstler trafen dennoch auf äußerst positive Resonanz beim internationalen Publikum. Jeder Interessierte konnte die Flöße betreten und die auf der Reise gesammelten Artefakte in dem sogenannten „Kabinett der Kuriositäten“ bewundern.

Für die Flöße endete die Reise jedoch nicht in Venedig. In Haiti fanden sie, ganz nach den Vorstellungen der Künstler, einen neuen Verwendungszweck in Form einer fixen Versorgungs-Floßstadt, die bis heute steht. Und auch für die Seefahrer war es nicht das Ende ihrer Abenteuer. „Swimming Cities of the Ocean of Blood“ heißt das neue Projekt, bei dem 2011 der Ganges in Indien bereist wird und ortsansässige Künstler und Handwerker im wahrsten Sinne „mit ins Boot“ geholt wurden.

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